Arbeit, Kapital und Macht, WAZ Bochum, 17.12.66
Beschluss gegen Kesting sammelflugblatt hbk sds shb hsu abt. 8 abs
Studentengruppe des DGB, Westfälische Rundschau Bochum, 22.11.65
Studenten suchen Betriebskontakte, Ruhr Nachrichten Bochum 22.11.65
Studenten gehen in Betriebe, Ruhr Nachrichten Bochum 9.12.65
Ruhrstudenten schreiben an Minister Schmücker, WAZ, 11.3.66
Bericht von Dr. Willi Bredemeier
Der Hans-Böckler-Kreis wurde als gewerkschaftliche Studentengruppe im November 1965 an der Ruhr-Universität Bochum gegründet. Erster Vorsitzender wurde Jörg Balthasar (Student der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften), zweiter Vorsitzender Heinz Mösche (Wirtschaftswissenschaften), Schriftführer Roland Ermrich (Psychologie).
In den Richtlinien des HBK hieß es, man wolle sich der “Hochschulreform, der Betreuung ausländischer Studenten, der Erwachsenenbildung und der staatsbürgerlichen Erziehung der Jugend” widmen (Ruhr-Nachrichten vom 22. November 1965). Dies sollte über Vorträge, Tagungen, Seminare, Grubenfahrten und Betriebsbesichtigungen geschehen. In einem weiteren Beitrag der Ruhr-Nachrichten (9. Dezember 1965) hieß es, man wolle über eine “Aufklärung des Arbeiters … Wege zeigen, auf denen Arbeiterkinder zur Universität kommen können”.
Der Hans-Böckler-Kreis wurde durch den Deutschen Gewerkschaftsbund und die Einzelgewerkschaften, auch durch ihre Spitzen, zunächst stark unterstützt. Das erleichterte die Organisation größerer Veranstaltungen, beispielsweise eine zur Mitbestimmung, die im Dezember 1966 vor 260 Zuhörern stattfand. Der Jesuitenpater und Ethiker der Arbeitswelt, Nell-Breuning, und der spätere Arbeitsminister NW, Friedhelm Farthmann, vertraten die Pro-Seite, während sich der Rektor der RUB, Prof. Biedenkopf, und Prof. Triesch gegen die Mitbestimmung aussprachen. Diese behaupteten, “die Gleichberechtigung von Arbeit und Kapital entbehre der Berechtigung, da die Unternehmensleitung aus der im Grundgesetz verankerten sozialen Bindung des Eigentums ohnehin dem Gemeinwohl verpflichtet sei. … Die Macht des Unternehmers werde durch staatliche Kontrolle und Gewerkschaften ausreichend gebremst, eine Mitbestimmung der Arbeitenden sei deshalb nicht notwendig” (WAZ, 17. Dezember 1966). So blauäugig würde 2015 wohl niemand mehr argumentieren.
Die Beziehungen zwischen dem Hans-Böckler-Kreis und den Gewerkschaften wurden angespannt, als der HBK von der Studentenrevolte erfasst wurde. An allen größeren Aktionen der Studentenbewegung waren der HBK und/oder Mitglieder des HBK beteiligt, beispielsweise an den Demonstrationen gegen die BoGeStra, den Demonstrationen nach dem Attentat auf Rudi Dutschke, den Versuchen, die Auslieferung der Bild-Zeitung in Essen zu stoppen, und den Aktionen gegen die Notstandsgesetzgebung. So wurden Arbeiterkneipen und katholische Gottesdienste abgefahren und den Besuchern die Flugblätter des HBK in die Hände gedrückt, nicht immer zur Freude der Beschenkten.
Zu einem offenen Konflikt mit dem DGB kam es, als der Hans-Böckler-Kreis Kontakte zum FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) aufnahm. Der DGB reagierte zunächst ähnlich wie andere Einrichtungen, mit denen sich die Studentenbewegung auseinanderzusetzen hatte, nämlich administrativ. Es wurden alle Zuschüsse gestrichen. Wenige Jahre später waren die “Ostkontakte” offizieller Bestandteil der Politik der Bundesregierung unter dem Bundeskanzler Willy Brandt. Es bestanden aber weiter gute Beziehungen zu einzelnen Funktionären der Gewerkschaften und die HBK-Mitglieder wurden immer wieder in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit eingesetzt. Mehrere Mitglieder des HBK kamen später in den Gewerkschaften unter, beispielsweise in der Abteilung Gesellschaftspolitik des DGB und der Abteilung Tarifpolitik der IG Metall.
Ehemalige Vorstandsmitglieder des HBK erinnern sich. Heinz Mösche: “Die Vertreter des FDGB gaben sich große Mühe mit uns und zeigten uns sehr viel und manchmal konnten wir sogar hinter die Kulissen schauen. Allerdings wollte uns der FDGB total instrumentalisieren, so dass wir am Ende eher abgeschreckt wurden.” Ein Mitglied des HBK machten sie zum Spion, was nach seiner Enttarnung hohe Wellen in den Medien schlug. Willi Bredemeier: “Als Arbeiterkind, das nach elf Jahren in den Betrieben über den zweiten Bildungsweg an die Uni kam, war die Mitgliedschaft im HBK beinahe selbstverständliche Pflicht. Für mich war die Studentenbewegung, bevor die Dogmatiker kamen, eine Befreiung. Die Studenten des HBK und der “Stiftung Mitbestimmung” boten den Bürgersöhnen in der Studentenbewegung Erfahrungen aus der Arbeitswelt und ein sturkturierteres Vorgehen an.” Roland Ermrich: “Auch wenn der HBK nicht direkt an dem bis heute geltenden Kooperationsvertrag zwischen der Ruhr-Universität und der IG Metall beteiligt war, wir haben ein Klima mit geschaffen, in dem die RUB an einer Befassung mit der Arbeitswelt und den Gewerkschaften nicht mehr herumkam.”