Ein Video hierzu<\/a><\/p>\n

\u201e50 Jahre 68ger in Bochum\u201c lautete das Motto einer Veranstaltung von Studenten aus der Gr\u00fcndungszeit der Ruhr Universit\u00e4t Bochum (RUB), die Anfang Oktober im \u00fcberf\u00fcllten Veranstaltungssaal in der St. Martinskirche stattfand. <\/a>Es war f\u00fcr viele nicht nur Erinnerung, sondern auch ein emotionales Treffen, zumal sich sehr viele – Studenten, Assistenten und Professoren \u2013 erstmals nach einem halben Jahrhundert wieder sahen.
\nSo sah es auch Moderator Roland Ermrich. Alle Generationen, die damals in Bochum zusammenfanden, verk\u00f6rperten unterschiedliche Erfahrungen und Herkunft. Schon bald wurden sie in dieser hochaufgeladenen Zeit mit ihren vielen guten Absichten Zeuge, dass die Politik mit der RUB ihr Ziel, die anderen Universit\u00e4ten in Nordrhein-Westfalen zu entlasten, nicht erreichte. <\/a>Der Grund: V\u00f6llig neue Schichten f\u00fchlten sich durch die RUB angesprochen und mobilisiert. Es studierten hier mehr Kinder aus Arbeiterfamilien als an allen anderen Universit\u00e4ten. Viele kamen \u00fcber den zweiten Bildungsweg an die RUB. Mit den Erfahrungen aus ihrer Gewerkschafts- oder Parteiarbeit beeinflussten sie die Arbeit in den studentischen Gremien. Viele Dinge wurden lebensn\u00e4her und praktischer angefasst als bei den Studentenvertretungen anderer Unis.
\nAm Kalender l\u00e4sst sich nicht drehen. Und damit auch nicht an der Tatsache, dass die ersten Semester der neuen Campus-Uni prompt in die ersten Welle der 68er-Bewegung hineinrasselte. Zwar waren die \u201eHauptst\u00e4dte\u201c der Studentenrevolte Berlin und Frankfurt, doch auch in Bochum begehrten die Studierenden gegen die verkrusteten Verh\u00e4ltnisse auf, eine verdr\u00e4ngte NS-Vergangenheit kam dazu.
\n<\/a>Dem Auditorium in der St. Martinskirche waren diese Themen pr\u00e4sent. Und so war es spannend, zu h\u00f6ren, wie Kurt Biedenkopf, Urs Jaeggi und Christoph Z\u00f6pel diese \u00c4ra nach einem halben Jahrhundert bewerten. Der erste war Gr\u00fcndungsrektor, der zweite Lehrstuhl-Inhaber f\u00fcr Soziologie und der dritte AStA-Vorsitzende.
\nKurt Biedenkopf, 88, gab einen lockeren, aber h\u00f6chst interessanten Einblick in die damalige Situation. \u201eW\u00e4hrend viele Professoren Angst um ihre Autorit\u00e4t hatten, habe ich versucht, die Bewegungen zu f\u00f6rdern\u201c, sagte er. Sein Ziel war der Br\u00fcckenschlag zwischen Lehrenden und Studierenden. Ausf\u00fchrlich schilderte er, wie auf seinem Vorschlag hin die Studierenden der Abteilung 8 (Sozialwissenschaften) f\u00fcr ihre eigenen Veranstaltungen ausreichend R\u00e4ume zur Verf\u00fcgung gestellt bekamen. <\/a>Oder wie ihm nach einer Besetzung des Rektorats durch Studierende der damalige Opel-Betriebsratsvorsitzende G\u00fcnter Perschke seine Hilfe angeboten habe. Perschke zu Biedenkopf: \u201eMagnifizenz, wenn Sie Hilfe brauchen, schicke ich Ihnen einhundert von meinen Leuten!\u201c Biedenkopfs Antwort, laut Biedenkopf: \u201eDas ist nicht n\u00f6tig, wir haben das schon gemeinsam geregelt.\u201c
\nChristoph Z\u00f6pel, 73, erinnerte an die Arbeit der Studentenschaft im sozialen Bereich, den sie selbst organisierten. Eigeninitiative war angesagt. Keine Bevormundung durch universit\u00e4re Gremien. Dazu geh\u00f6rte auch das ausschlie\u00dflich in studentischer Hand liegende Studentenwerk \u2013 eine in der damaligen Universit\u00e4tslandschaft einmalige Konstruktion: Es zog die Sozialbeitr\u00e4ge ein, deren Verwendung allein von der Studentenvertretung festgesetzt wurde. Seine Gremien des Studentenwerks wurden vom Studentenparlament gew\u00e4hlt und kontrolliert. <\/a>Zu den Aufgaben, die jeweils zusammen mit dem AStA wahrgenommen wurden, z\u00e4hlten die studentische Krankenversicherung, der Reisedienst, die Fahrschule, ein eigener Verlag, die Zimmervermittlung und die Kindertagesst\u00e4tte. Weitere Aufgaben konnte das Studentenparlament festlegen. Einzig bei Mensa und den staatlichen Wohnheimen \u2013 sie wurden vom Akademischen F\u00f6rderungswerk e.V. verwaltet – waren keine Studenten vertreten. Neben dieser \u201eSozialarbeit\u201c ging es den Studenten auch um mehr Einfluss bei den universit\u00e4ren Entscheidungsprozessen. Dass so etwas nicht im luftleeren Raum geschehen konnte und durchaus einen permanenten gesellschaftlichen Bezug zu Forschung und Lehre hatte, sieht der interessierte Zeitgenosse, wenn er sich die Tagesordnungen von damals betrachtet. Die erste Universit\u00e4tsverfassung mit ihrer Drittelparit\u00e4t ist ein Beispiel studentischer Mitwirkung ebenso wie und die Diskussionen zur Notstandsgesetzgebung. Diese erk\u00e4mpften Freir\u00e4ume haben die weitere Entwicklung hin zur Zivilgesellschaft stark beeinflusst. Episoden bleiben bei der Schilderung dieser Erinnerungen nicht aus, zumal wir es hier um eine epochemachende Entwicklung zu tun haben. \u201eRuhr Universit\u00e4t Bochum\u201c \u2013 das war nicht nur ein ambitioniertes bildungspolitisches Programm, sondern auch Reflektionsb\u00fchne der aktuellen Politik. So schilderte Z\u00f6pel, wie er kurz vor dem Tod des von einem Polizisten erschossenen Studenten Benno Ohnesorgs von der Freien Universit\u00e4t Berlin nach Bochum wechselte, bei der Kandidatendiskussion zum AStA-Vorsitz gefragt, ob er denn in Bochum \u201eBerliner Verh\u00e4ltnisse\u201c einf\u00fchren wolle. <\/a>Der Fragesteller hoffte, damit den Kandidaten Z\u00f6pel als \u201eRadikalinski\u201c zu entlarven. Z\u00f6pels Antwort: \u201eIch bin strikt dagegen, dass in Bochum Studenten erschossen werden.\u201c
\nUrs Jaeggi, 87, sagte, dass er gerne den Ruf an die Ruhr Universit\u00e4t angenommen habe, da er die \u00d6ffnung der Universit\u00e4t zu neuen Schichten, vor allem der Arbeiterschaft, begr\u00fc\u00dfte. Auch er selbst habe das Abitur erst nach der Lehre zum Bankkaufmann nachgeholt. In Erinnerung habe er noch so manchen Professoren-Kollegen in der Abteilung Sozialwissenschaften, die nicht nur eine Nazivergangenheiten hatten, sondern sich auch ganz offen positiv zu den Nazis \u00e4u\u00dferten. Das ging sogar soweit, dass diese Professoren anstehenden Berufungsverhandlungen versucht hatten, Gleichgesinnnte an die RUB zu holen. F\u00fcr Urs Jaeggi, dem Mann aus Solothurn, war dies als Schweizer B\u00fcrger unvorstellbar gewesen. Dieses Kapitel der \u201erechten Vergangenheit an der Ruhr-Universit\u00e4t\u201c ist erst Jahre sp\u00e4ter gr\u00fcndlich aufgearbeitet worden.
\nBei aller Diskussion und Erinnerungsarbeit gingen die Veteranen mit der Erkenntnis nach Hause, dass die Ruhr-Uni nicht nur die erste Universit\u00e4t des Ruhrgebiets, sondern auch eine Erfolgsgeschichte f\u00fcr sich ist. Mit inzwischen sechs Excellenz-Clustern kann sie sich im nationalen Wissenschaftsbetrieb sehen lassen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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